Clemens

Juni 2018. Seit geraumer Zeit befanden sich in meinem Kellerabteil zwei Packungen längst abgelaufenes Mehl. Irgendwie haben sie es nie in die Biotonne geschafft. Etwas in mir sagte mir wohl „du wirst es noch brauchen.“ Mein Unterbewusstsein sollte recht behalten.

Wer mich etwas besser kennt weiß, dass ich Ungewöhnliches liebe. Speziell im fotografischen Kontext. Und, dass ich es liebe, auch mal etwas völlig Neues, Verrücktes auszuprobieren.

Es gibt Menschen, mit denen kann man „Pferde stehlen“. Der jüngere Bruder einer meiner besten Freundinnen ist so ein Mensch. Und nachdem wir schon ein tolles Shooting hatten, frage ich ihn, ob er Lust hätte, mit mir etwas Verrücktes auszuprobieren. Auch wenn’s eine ziemliche Sauerei werden würde. Er grinste nur und meinte „na klar“.

Die Location war schnell gefunden. Mein erster Impuls war eine mir bekannte, ehemalige Holzfällerhütte im Wald. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass sich dort auch eine ehemalige Fußballerkabine befindet.

Wir begannen mit ein paar Testfotos und legten dann mit dem Mehl los. Wir wollten mit dem Mehl eine Explosion erzeugen. Wie vermutet wurde es eine Wahnsinnssauerei. Aber zugleich hatten wir so viel Spaß wie schon lange nicht.

  • Photographer: Nina Hrusa
  • Model: Clemens
  • Kamera: Nikon D850

Nach den ersten coolen „Explosions-Fotos“ meldete sich erneut meine Intuition. Wir sollten unbedingt noch in den etwas höher gelegenen Steinbruch hoch gehen. Anfangs ignorierte ich die Stimme in mir aber sie wurde immer lauter und schließlich sagte ich zu Clemens: „Clemi, keine Ahnung warum aber ich glaub wir müssen noch da hoch.“ Er meinte nur „klar, why not“ und so packten wir unser Zeug zusammen und gingen die Forststraße nach oben.

An diesem Tag war auch meine analoge Minolta Kamera mit im Gepäck. Der Film wollte endlich ausgeknipst werden.

Als wir im ehemaligen Steinbruch ankamen, mussten wir beide ziemlich schmunzeln. Standen da doch Mitten in dem ehemaligen Steinbruch Treppen aus Metall. What the…?!

Während Clemi die Treppe inspizierte kletterte ich mit meinen Gummistiefeln auf eine Reihe von Absperrzäunen. Eine ziemlich wackelige Angelegenheit, die auch nicht gerade besser wurde, als ich oben stand.

Wer noch mit einer alten, analogen, mechanischen Kamera fotografiert hat weiß, dass das noch echtes Können und ein bissl Know How voraussetzt. Vor allem im Hinblick auf die Tiefenschärfe, weil sich der Fokuspunkt nicht wie bei einer modernen Kamera per Knopfdruck verschieben lässt. Als ich später den Film sah, hab ich nicht nur einmal aufgestöhnt weil die Tiefenschärfe nicht so war, wie ich mir das vorgestellt hatte. Was ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste, dass dies der letzte Film sein sollte, den ich mit der geliebten Minolta ausgeknipst habe. Mein „analoges Baby“ hat danach nämlich den Geist aufgegeben. Es lag also vielleicht nicht unbedingt an meinem nicht-Können sondern daran, dass die Kamera ihr Lebensende erreicht hatte.

Nichtsdestotrotz finde ich die Fotos gelungen genug um sie herzuzeigen. Vor allem das Foto von Clemens, wie er die Stufen hinaufgeht, finde ich sehr genial weil es nicht gestellt war. Und, dass man sogar das Mehl aus seinen Händen fallen sieht.

Zum Abschluss haben wir es mit der D850 noch einmal so richtig „krachen“ lassen und zu guter Letzt noch ein paar „dirty“ Porträts gemacht.

Lieber Clemi, ich dank dir von Herzen, dass du diese wahnsinns Sauerei mitgemacht hast und für den mega Spaß den wir dabei hatten. #mehrmehl